Freitag, 19. April 2013

Herrmann Koch, Angerichtet

Mir wurde dieses Buch als äußerst spannenderThriller angeboten: "Musst du unbedingt lesen!"
"Spiegel Bestseller" steht darauf. Tja, dafür hab ich es sozusagen meinen auf dem Stapel wartenden Büchern vorgezogen.
Ich will jetzt nicht beschreiben, was schon einige Rezensenten ausführlich besser gemacht haben, z.B. hier   und hier
Zugegeben, es ist brilliant geschrieben und erzählt, die Konstruktion mit dem Menu genial und die Beziehungen der Protagonisten teilweise großartig in Szene gesetzt. Ihr ahnt es schon, jetzt kann nur ein "Aber" kommen. Wieder zugegeben, ich habe das Buch verschlungen und hab es ratzfatz durch gelesen, und, wie man es mit solch einem Menu auch nicht tun sollte, nämlich "verschlingen", anschließend schlecht verdaut.
Ich sag mal so, ich bin nicht der Meinung von Christine Westermann, um einen Ausgangspunkt zu bekommen. Sie schreibt:  “Angerichtet” stand monatelang auf Platz eins der Bestsellerliste in den Niederlanden. Hoffentlich passiert das auch in Deutschland."
Und zwar deshalb nicht, weil ich es trotz allem zu konstruiert finde und unglaubwürdig. Erstens glaube ich nicht, dass Eltern eine so grausige Tat ihres Sohnes völlig verdrängen können um ihr Kind zu schützen, oder anders, wenn ja, sollte schon ein innerer Konflikt irgendwie ausgedrückt werden. Könnte ja literarisch sehr gut dargestellt werden, irgendwelche Ausfälle oder merkwürdige Verhaltensweisen, aber nichts, den Eltern geht es, mir etwas zu aufdringlich, um reine Vertuschung des Verbrechens. Ich finde, das kann man nicht so abtun wie mit "faschistischer Verdrängung", denn das grausige Verbrechen ist dazu allzu präsent. Ich glaube nicht, dass die menschliche Psyche so funktioniert.
Darüber hinaus finde ich den Dreh überflüssig, dass die unkontrollierte Aggressivität des Vaters, der ja in psychiatrischer Behandlung ist, sich am Ende per genetischer Übertragung im Sohn sozusagen als "Symptom" manifestiert, was die Ergebnisse der früheren Fruchtwasseruntersuchung suggerieren sollen.
Das ist mir zu einfach, Verbrechen als genetischer Defekt.  Und, angesichts dieser Tatsache,   die stillschweigende "Verbrüderung" von Vater und Sohn zu unrealistisch. Damit wird noch mal an der Schraube des "Geheimnisvollen" gedreht.
Irgendwo in einer Rezension steht, dass ein schlechter Geschmack übrigbleibt nach dem Lesen.  Das war bei mir auch so, aber eher aus den oben genannten Gründen. Sorry, auch wenn dadurch der Gruselschauer geschmälert wird.